(Transcribed by TurboScribe.ai. Go Unlimited to remove this message.) Die Idee dahinter ist die, dass am Ende Menschen die Möglichkeit gegeben werden soll, sagen zu
können, was sie meinen, damit sie endlich auch meinen können, was sie sagen. Wunderschön gesagt.
Solange ich nicht meinen kann, was ich sage, stehe ich schon in Konflikt mit meinen eigenen Sätzen,
mit meiner eigenen Kommunikation. Konflikte entstehen dadurch, dass die Beteiligten
gar nicht genau wissen, was sie eigentlich meinen. Aber wir eine Gesellschaft haben,
in der alle so tun sollen, als wüssten sie das, weil es angeblich eine Schwäche ist,
nicht zu wissen, was man eigentlich meint. Heute habe ich jemand ganz Besonderen dabei,
Gitta Pein. Gitta ist Komplexitätsforscherin seit über 35 Jahren und wir sprechen darüber,
wie wir in einer komplexen Welt Orientierung finden, warum klare Kommunikation so wichtig
ist und wo wir trotz aller Unterschiede echte Verständigung schaffen können. Hört rein,
es lohnt sich wirklich. Gitta Pein, ich hole dich jetzt ab und ich weiß noch gar nicht,
wohin das geht. Danke, du holst mich hier aus Lüchow-Jezel ab und ich habe gedacht,
wenn du Lust hast, fahren wir an die Elbe und zwar nach Hitzacker. Das ist ein toller Luftkurort
hier in der Gegend. Eine tolle Gegend, also das Wendland ist sowieso traumhaft. Angeschneid Bisse,
dann lass uns losfahren. In jedem Dorf ist irgendwas los, also auch für Kinder, für Erwachsene,
also von Töpfern über Indianerdorf über Jazzfestival, also traumhaft schön und du
kannst hier mit dem Fahrrad von Dorf zu Dorf fahren und hast einfach überall irgendwelche
Unterhaltung. Das klingt ja traumhaft. Nutzt du das, mit den Leuten ins Gespräch zu gehen?
Manchmal ja, tatsächlich. Also ich selbst bin eher eine Zweisiedlerin und genieße die Ruhe
und Einsamkeit und Stille, die das Wendland bietet. Macht irrespaß. Das klingt toll. Auf
der einen Seite Einsiedler, also so fühle ich mich ja auch manchmal, mit viel Zeit im Homeoffice und
sich Dinge auszudenken und da suche ich ja auch immer nach Inspirationsquellen und du bist mir
aufgefallen, da habe ich dich ja ein bisschen gestalkt, könnte man fast sagen, auf LinkedIn,
in deinen Beiträgen, wo ich dann immer gedacht habe, verdammt, jetzt hat sie recht. Jetzt hat
sie mich ja echt auf den Fuß erwischt, dass da Gedanken dabei waren, die ich noch nicht gedacht
habe oder irgendwo ganz tief drin gesteckt haben und die du so ein bisschen vorgekitzelt hast,
um dann weiter darauf rumzudenken und ich fand das so unglaublich spannend. Ich traue mich noch
fast nicht zu sagen, was das ist und womit du dich so intensiv beschäftigt hast. Kannst du
das nochmal erklären? Ja, das kann ich machen. Also ich bin eigentlich ein furchtbar langweiliger
Mensch. Ich sage die ganze Zeit nur das Offensichtliche, aber es ist halt, wir leben in
keiner Gesellschaft, in der das Offensichtliche sonderlich gefragt ist. Also gerade die Office-Kulturen
haben damit enorme Schwierigkeiten, weshalb ich auch im Handwerk mich deutlich mehr zu Hause fühle.
Da geht es noch mehr zur Sache und da ist es direkt da. Was ich mache, mache ich es am einfachsten. Also
ich habe vor über 30 Jahren, das war 1988, an was gearbeitet, das habe ich Modeling genannt. Ich
wollte einfach unbedingt meine eigene Sprache so klar bekommen, dass die zentralen Konzepte,
also Begriffe mit Bedeutungshintergrund, so auf dem Punkt sind, dass ich dort, wo es darauf ankommt,
immer genau weiß, wovon ich spreche, was ich meine. Für mich war mit dem Hintergrund einer
Familie mit gleich zwei Nazi-Großvätern sehr wichtig, für mich Selbstklarheit zu schaffen.
Das war auch eine selbsttherapeutische Arbeit, um es mal von der Seite zu betrachten,
Gleit zu verschaffen in meinen Grundkonzepten, um auf die Art und Weise auch mit dem besser klar
zu kommen, was emotional da am Toben war. In solchen Familien, also ich bin nicht gerade
Boomer-Generation, ich bin 1965 geboren, aber so knapp dran, da gibt es unheimlich viel Tabus.
Und diese Tabus führen um Offensichtlichkeit drumherum. Wenn du ein Tabu irgendwo hast,
darfst du nicht genau hingucken. Dann darf es nicht konkret werden. Also verbiegt sich dort
der Sinn für Tatsächliches um das Phänomen drumherum. Du kannst es auch als eine Form von
systemischem Gaslighting begreifen. Das gesamte Kommunikationssystem, die Familie, das soziale
Umfeld versucht, das Thema zu vermeiden und so zu tun, als wäre da kein Problem. Wo Kinder,
so wie in des Kaisers neuer Kleider, feststellen, Moment mal, der hat ja nichts an, da stimmt doch
irgendwas nicht. Das war so eine Idee von mir, dass ich meine eigenen Grund- und Kernkonzepte
einfach mal mit Hilfe von Philosophie, Psychologie, Soziologie, Standardbegriffen dort auf den Punkt
bringe. Ich habe dann angefangen, die für mich selbst zu bauen und bin damit zu meinem Mann
und er meinte, ja gute Idee, nehmen wir doch gleich die Maschinen mit an Bord und bauen etwas,
das so funktioniert, dass sich Konzept auf Konzept auf Konzept bezieht, sodass du hinterher ein
selbstreferenziertes, also selbstbezügliches, großes Netzwerk aus Kernkonzepten hast,
die sich alle durcheinander, also nicht durcheinander, sondern durcheinander erklären.
Als eine Basis für nicht nur für mich und meinen Mann Ralf, sondern hinterher für jeden und das
eben so gebaut, dass durch die Selbstbezüglichkeit auch eine Maschine schlussendlich, also eine
künstliche Intelligenz, mit so einem System arbeiten könnte. Die Idee dahinter ist die, dass
am Ende Menschen die Möglichkeit gegeben werden soll, sagen zu können, was sie meinen, damit sie
endlich auch meinen können, was sie sagen. Wunderschön gesagt. Solange ich nicht meinen
kann, was ich sage, stehe ich schon in Konflikt mit meinen eigenen Sätzen, mit meiner eigenen
Kommunikation und ich sehe das immer wieder, also wenn wir jetzt so in Organisationen zum Beispiel
schauen, die Konflikte entstehen dadurch, dass die Beteiligten gar nicht genau wissen, was sie
eigentlich meinen, aber wir eine Gesellschaft haben, in der alle so tun sollen, als wüssten
sie das, weil es angeblich eine Schwäche ist, nicht zu wissen, was man eigentlich meint. Ja,
wir haben eine Urteilsgesellschaft. Jeder muss zu allem immer gleich eine Meinung haben und
irgendwas wissen. Ich gehe gar nicht davon aus, dass das grundsätzlich der Fall ist, weder bei
mir noch bei anderen und ich sehe immer wieder, wie Menschen sich deswegen streiten. Plus jetzt
für Organisationen ist sowas natürlich auch sehr hilfreich, wenn es darum geht, überhaupt Probleme
auf den Punkt zu bringen, denn wenn du nicht sagen kannst, was du meinst und auch nicht meinen kannst,
was du sagst, hast du das Problem, dass du häufig dazu neigen wirst, Probleme mit dem zu beschreiben,
was übrig bleibt, also dem, worüber du schon eine Meinung hast, wo du denkst, dass du sagen kannst,
was du meinst und meinen kannst, was du sagst. Oh, Gitta, ich verliebe mich gerade. Die Folge
daraus ist, das sehe ich immer wieder, dass Mitarbeitende zum Beispiel in Organisationen
sehr viel der Probleme auf Leadership attribuieren, einfach deshalb, weil sie dort die Begriffe dafür
haben und weil die Emotionen da in diese Richtung rutschen, da die anderen Konflikte nicht bezeichnet
werden können. Das ist so ein bisschen so, wie der Betrunken hat seinen Hausschlüssel verloren und
sucht den unter der Straßennatelle, weil es da heller ist. Je mehr Begriffe du hast, desto größer wird
der Scheinwerferraum und desto mehr andere Dinge kannst du eben sehen, besser beschreiben, kannst
sie mitnehmen, desto mehr Kontexte tun sich auf und über desto mehr können wir sprechen. Das ist so
eine der Triebfedern unserer Forschung oder meiner Forschung und dann eben auch der meines Mannes.
Mein Mann ist der Mathematiker im Haus, hat außerdem noch einen Hintergrund in Soziologie,
Ur- und Frühgeschichte, Archäologie, eine ganz putzige Mischung. Das Zweite ist, dass ich aus
dieser Forschung heraus, wo wir uns auch mit Naturwissenschaften und natürlich mit Mathematik,
damit die künstliche Intelligenz da mitmachen kann später. Das ist auch so eine Idee, bauen wir doch
nicht nur Maschinen, die uns die Arbeit erleichtern, sondern bauen wir auch Maschinen, die uns mit
herausfordern, klarer zu werden, präziser zu werden, mehr Kontexte aufzutun, den Scheinwerferraum zu
vergrößern. Das war das eine und durch diese Forschung hat sich für mich dann auch gezeigt,
dass durch die Verbindung mit Naturwissenschaft, Mathematik sich da noch mehr Möglichkeiten
ergeben, weiter zu forschen, nämlich noch mehr Modelle zu bauen und so bin ich dann auf
Komplexitätsmanagement gekommen. Das war relativ früh. Was mir aufgefallen ist, wir kommen mit
dem IQ, also Intelligenzquotienten und EQ eigentlich nicht sonderlich weit, weil der IQ misst nur
spezifische Formen von Mustererkennungsfähigkeit. Der EQ ist ebenfalls eingeschränkt, aber wir sind
eigentlich Komplexitätswesen. Das ist das Wasser, in dem wir schwimmen und das ist auch das, was wir
kontinuierlich hervorbringen. Also so wie wir schwimmen im Meer der Komplexität, schlucken die
ganze Zeit Meerwasser und scheiden das dann auch wieder aus. Das wäre jetzt ein etwas unangenehmes Bild,
aber trifft es irgendwie ganz gut. Wir bringen durch unsere umgehende Komplexität kontinuierlich
neue hervor. Da wollte ich also sehr früh dann auch angeregt durch insgesamt die Komplexitätsforschung
auch in der Naturwissenschaft und Mathematik ein Modell zur Verfügung stellen, das sehr
simpel funktioniert, sodass wir unsere Fähigkeiten in Komplexität auch beschreiben, benennen und
messen können. Denn ich denke, jetzt auch in Organisationen ist das ganz wichtig, dass wir
neue Messkriterien haben. Da schwimmt uns momentan alles weg in den Komplexen. Man versucht
das mit Wertschätzungskulturen und psychologischer Sicherheit in den Griff zu kriegen. Aber das ist
dieses Straßenlaternen-Schlüsselsuche-Phänomen. Wir brauchen da mehr. Also das, was ich glaube,
verstanden zu haben, und jetzt kannst du mich gerne korrigieren, dass ihr da was entwickelt habt,
auch mithilfe von KI, das diese Kommunikationsmuster sichtbar macht auf höherer Ebene.
Das ist nochmal ein anderer Faktor, ja. Hinter dem Sprachmodell, von dem ich gesprochen habe,
mit den Konzepten, liegt tatsächlich eine mehrwertige Logik. Also eine Logik, die nicht
nur von wahr-falsch ausgeht, sondern die mit vier Werten arbeitet, die uns jetzt befähigt.
Komplexe Systeme, also komplexe Entscheidungssysteme, nicht nur menschliche Psyche oder Kommunikation,
sondern alles, was es da gibt, vom Sturm bis hin zu Psyche und Kommunikationssystemen,
auch von naturwissenschaftlichen Phänomenen, zu modellieren und dann am Computer uns anzuschauen,
was diese Dinge tun. Und daraus haben wir schon viel darüber gelernt, wie Konflikte funktionieren,
wie Kooperationssysteme funktionieren, wie man, wir nennen das Formlines, also Entwicklungsschritte
von System A hin zu dem B, was wir haben wollen, wie man die auf die einfachstmögliche Art und Weise
auf den Punkt bringen kann, was enorm hilfreich ist. Denn also solange deine Modelle keinen
formalen Unterbau haben, ist schwer zu entscheiden, wie viel an dem Modell ist eigentlich Akzidenz,
ja also hübsches, hübsches, ausschmückendes Beiwerk und wie viel ist Attribut, also dringend
notwendiges Merkmal. Und wir konzentrieren uns auf diese Attribute, auf universelle Merkmale,
also auf Merkmale, die alle komplexen Systeme zeigen. Und darüber können wir jetzt das auf
wesentliche beschränken, was getan werden kann, will ich von A nach B kommen. Da dann Maßnahmenkataloge
mit KollegInnen aus dem Bereich Psychologie oder Soziologie oder Philosophie oder der
organisatorischen Praxis oder Politologen oder was auch immer, immer angepasst an das jeweilige
System vor Ort. Auf die Art und Weise können wir ganz viele Dinge einfach wegschneiden,
ja also das ganze Versuchs- und Irrtumsspiel und diese Modellüberfrachtung so, auch so nach dem
Motto, na wir haben ein Problem, ja dann machen wir mal Leadership-Empathietrainings. Also aus
der puren Hilflosigkeit heraus, ich weiß nicht, was ich tun soll, also mache ich mal das. Diese
ganzen Dinge können wir darüber komplett ausschalten, wir gehen nur über die Form der
Systeme und können dann sehen, okay, da ist das angemessen zu tun, da ist das angemessen zu tun,
da ist das angemessen zu tun. Zack, reduziert aufs Wesentliche. Ist ein irrer Faktor in Sachen
Kostenersparnis, Zeitersparnis und vor allen Dingen auch Nerven. Ja, auch das. Ich glaube,
das ist auch der Punkt, wo ich diese Idee, die du jetzt viel, viel schöner ausgedrückt hast,
als ich das jemals könnte. Ist ja auch meine Forschung, das kannst du ja gar nicht. Ja,
genau. Wo ich vor Ehrfurcht in manchen Momenten auch erstarrt bin. Also auf der einen Seite suche
ich genau nach solchen Dingen. Ich habe manchmal das Gefühl, jetzt im Moment noch, also ich gehe
ja auch in Organisationen und begleite die und mache Prozessbegleitung, aber habe trotzdem immer
das Gefühl, dass ich hier nur an einem kleinen Puzzlestück, was vielleicht auch nur Rundrum-Maßnahmen
sind, um an die eigentlichen Konflikte gar nicht rangehen zu müssen, dass ich daran jetzt arbeiten
kann, ohne tatsächlich eine Wirksamkeit für die Organisation in dem Fall zu entwickeln. Gleichzeitig
mit der Idee im Hinterkopf, ich bin mir sicher, dass es etwas gibt, nur dass es mein Wissen noch
nicht hergibt. Deswegen war ich so fasziniert davon. Ich sagte, doch, das ist es. Also das ist es. Ich
kann es noch nicht völlig greifen. Da fehlt mir noch Wissen. Da hat es begonnen, die Gitter zu
stoppen. Ja, ich meine, das Schöne an dieser Forschung ist, wir stehen nicht in Konkurrenz zu
irgendwelchen anderen Modellen, sondern wir sind einfach vorgelagert. Bevor man jetzt in hektischen
Aktionismus verfällt oder einfach glaubt, ohne das überprüft zu haben oder vielleicht auch gar
nicht überprüfen kann, weil die Modelle noch dafür fehlen, man müsste das und das und das machen,
holt man sich erst mal uns rein. Wir analysieren die Kommunikationssysteme oder noch besser zeigen
euch, wie es geht, dass wir das selbst machen können. Das ist ja noch das Allerbeste. Dann
kann eben direkt vor Ort entschieden werden, was sinnvoll ist zu tun. Dann holt man dich da rein
oder irgendjemand anders und kann dann wirklich on point arbeiten. Was mich so fasziniert hat bei
dieser Forschung, das sind ja weit über 30 Jahre, das mit der Ehrfurcht, Kunststück, mach sowas mal
35 Jahre, dann steckst du wirklich tief drin. Was mich so begeistert hat, wir wussten ja,
als wir angefangen haben mit der Polylogik, sag ich jetzt mal, mit der mehrwertigen Logik und
den Computer-Emulationen, die wir machen konnten, gar nicht kommt dabei überhaupt was Sinnvolles
zu Hause. Als wir dann die ersten Emulationen gesehen haben, das war so wow, da ist was. Dann
sind wir hingegangen und haben dafür Anwendungen geschrieben. Dann zu sehen, die funktionieren in
der Praxis wirklich so wie Popo auf Eimer. Wirklich hundertprozentig, dass alle Experten,
mit denen wir bislang zusammengearbeitet haben, in der sozialen Arbeit oder in der Psychologie,
in der Organisationsentwicklung uns sagen, ja, das ist exakt das, was jeder Experte zumindest
fühlt, was wir jetzt so auf den Punkt bringen können. Aber jeder Experte hat immer seine
Akzidenzien dabei und kann nicht so genau sagen, sind die wirklich wichtig oder sind sie nicht?
Jetzt können sie es. So arbeiten wir auch mit sozialen Einrichtungen zusammen und einige
davon haben jetzt angefangen, sich diese Formlines auszudrucken. Die hängen dann dahinter. Also,
wenn wieder die Konflikte mit Langzeitarbeitslosen, da geht es ja richtig zur Sache. Das sind ja harte
Probleme. Dann hängt dahinter die Mediationsformline, zum Beispiel, wie komme ich am schnellsten vom
Konflikt in ein Kooperationssystem? Die hängt dann dahinter an der Wand, sodass du dich nicht
immer wieder ablenken lässt, weil das echte Leben, das spielt die ganze Zeit Streichel und eine
Psyche ist beteiligt. Es knallt, es wird emotional, es wird anstrengend und du verlierst einfach den
Kurs. Das heißt, wir sind im Grunde genommen sowas wie der Polarstern in der Nautik. Ja,
so wie früher mit Sextanz und solchen Sachen gearbeitet wurde. Dass du einfach dann deine
Ausrichtung hast, das ist die Formline, darum geht es, Kurs halten, Kurs halten, Kurs halten.
Nach meinem Verständnis von System ist es ja egal, ob das eine soziale Einrichtung ist,
ob das ein Handwerksbetrieb ist, ob das ein Konzern ist oder ob das im Politischen
abgebildet wird. Das ist ja egal. Kommunikation ist Kommunikation. Ja,
ob zwischen Leuten in der Chefetage oder auf dem Bau. Nur die Formen, die gucken wir uns an. Die
sind tatsächlich unterschiedlich. Da können wir unterschiedliche Formlines auch isolieren. So
gibt es regelmäßige Muster im Handwerk, die etwas anders aussehen als in Office-Kulturen. Aber im
Großen und Ganzen, es sind sechs Grundformen, die Kombinatorik daraus sind 64. Also so groß ist
das Feld nicht. Auch übrigens typisch in der gesamten Komplexitätsforschung, ob in den
Naturwissenschaften oder jetzt hier, wo wir so die Brücken bauen zwischen Natur- und
Geisteswissenschaft, zeigt sich immer wieder, Komplexität baut sich aus einigen wenigen
Grundbausteinen. Das ist jetzt stark vereinfacht. Also mein Mann würde mich jetzt schlauen dafür,
dass ich sage, das sind Bausteine. Es verbaut sich an Bausteinen.
Wir sitzen nicht mit dem Auto. Die Bausteine selber liegen eigentlich außerhalb der Systeme.
Aber du hast völlig recht. Ja, das lässt sich auf alle Kommunikationssysteme anwenden.
Bevor ich zu einer pikanten Frage komme. Ich sitze hier in Thüringen,
vielleicht ahnst du schon, wohin die Reise dann geht. Welche Einflussgrößen,
welche Modelle oder Konzepte haben euch denn fasziniert oder sind denn stark prägend in
diese Arbeit reingeflossen? Ja, da sind auf der mathematischen Seite unter anderem die Arbeiten
von Matthew Cook, von John von Neumann zur Automatentheorie. Auf der geisteswissenschaftlichen
Seite unter anderem Luhmann. Aber auch im Bereich der Strachkonstruktion natürlich die
strachphilosophische Seite, die auch Basis ist dann für den konstruktivistischen Part.
Wittgenstein und folgende, wobei ich jetzt heute nicht mehr unbedingt empfehlen würde,
Wittgenstein zu lesen, außer als historisches Ding, weil da ist noch viel Seinsdenken drin und
als Konstruktivistin habe ich da eher eine andere Perspektive drauf. Aber ja, Wittgenstein war dabei.
Uns hat auch sehr interessiert, was macht Stephen Wolfram im Bereich der Erforschung
zellulärer Automaten. Also im Wesentlichen Automatentheorie, Mathematik und in der
Geisteswissenschaft vor allem die Strachphilosophie, Konstruktivismus, Modelltheorie,
Wissenschaftstheorie und Systemtheorie. Jetzt zur kontroversen Frage. Auf politischer Ebene,
habt ihr das mal durch euer System gejagt? Du meinst, was da so allgemein passiert? Ja,
haben wir. Wenn ich das mit Realkonstruktivismus, das ist das mit der mehrwertigen Logik im
Hintergrund, wo wir dann Systeme auch zeigen können, wie funktionieren ihre Formen am
Computer, was tun die da? Das haben wir uns natürlich angeschaut und wir haben momentan
gesamtgesellschaftlich etwas, das nennen wir komplexes Driften, wo der Fokus vor allen Dingen
auf dem eigenen Mitteilen liegt und verstehen und meinen, werden erwartet, aber gehen immer
weiter unter. Und dieses komplexe Driften, wo alle schreien und keiner hört mal richtig zu.
Eine gefährliche Situation insofern, die kippt schnell in den symmetrischen Konflikt. Guck
mich an, nicht dich. Nee, nee, guck mich an, nicht dich. Wo alle Beteiligten versuchen,
sich wechselseitig auszuschließen. Da sind wir derzeit und die politische Lage lässt sich relativ
einfach so beschreiben, dass das diese Problematik, also des komplexen Driftens mit verstärkt durch die
Social Media, also durch die ganz neuen Medienlandschaften, die sich entwickelt haben,
wo das Private öffentlich wird und wo Menschen das Problem haben, dass sie mit einer Globalisierung
konfrontiert sind, für die ihre Bildungssysteme oder auf die ihre Bildungssysteme sie nicht
vorbereitet haben, dass sie nämlich theoretisch dazu in der Lage sind, mit jedem auf diesem
Planeten zu kommunizieren. Das ist eine irre hohe Komplexität und unsere Bildungssysteme schaffen
eher Menschen, die sich ausrichten sollen in Richtung Wirtschaft, die sich spezialisieren
sollen, statt dass mehr ein breitflächiges Wissen gefördert wird, auch und vor allem in die Richtung,
wie gehe ich mit Komplexität insgesamt um und vor allen Dingen, wie gehe ich mit sozialer
Komplexität um. Parteien wie AfD und BSW surfen diese Unfähigkeit bzw. diese Bildungslücken,
die unsere Bildungssysteme hinterlassen haben, sehr, sehr stark. Mit dem Angebot auch aus
diesem komplexen Driften, alle rufen, haben Ideen, tragen sie raus, das sehen wir in den Social Media
sehr, sehr stark, aber eben auch in den Medien dieses Kämpfen um Aufmerksamkeit der Leserschaften,
der Zuhörer, der ZuschauerInnen. Diese allgemeine Suche nach Aufmerksamkeit, hier ich habe etwas
mitzuteilen, komm zu mir, nein komm zu mir, komm zu mir und so weiter, die das surfen und die
Unfähigkeit der Menschen, weil ihnen die Begrifflichkeiten für das Fehlen, was hier
passiert, tatsächlich surfen und ausbeuten. Und darüber kippen uns jetzt einige Systeme aus dem
komplexen Driften in solche Konflikte, die sich jetzt gesamtgesellschaftlich immer stärker
polarisieren, die immer mehr Fahrt aufnehmen. Das kann man sich vorstellen wie einen Schneeball,
der fängt ganz klein an und dann macht der Schnee da mit, das ist der wichtige systemische
Gedanke, der Schnee macht mit und der Ball rollt runter und wird dabei immer größer, nimmt immer
mehr Schnee auf und jetzt schaufeln alle immer mehr Schnee in Richtung dieses Balls, der weiter
bergab rollt und dadurch wird das Ding immer größer. Wir können aufgrund der Analyse der
Systeme, die wir hier sehen vom Formwelteninstitut, das ist unser Institut, ganz klar die Empfehlung
aussprechen, nehmt auf keinen Fall mehr an der Polarisierung teil. Es gibt einen Ausweg für
die Gesellschaft aus dieser Problematik heraus und ich hatte das vorhin gesagt, dass sich unsere
Forschung interessanterweise immer mit dem deckt, was Experten schon auf den Punkt bringen konnten.
Das haben wir hier auch, dass Krisen- und Konfliktforscher und unter anderem auch
Kriminologen sagen, wir müssen hier dialektisch werden, heißt hinkommen in Richtung wechselseitiges,
verständigungsorientiertes Arbeiten und das ergibt auch die Formulein hier, dass wir als erstes in
der Gesellschaft die Möglichkeit schaffen müssen, verstehensorientierter vorzugehen. Damit meine ich
nicht Verständnis zu haben für Hardcore-AfD, sondern was ich damit meine ist, da liegen Anliegen
hinter bei den Wählern und diese Anliegen sind durchaus interessant und decken sich in vielen
Punkten mit den Anliegen jener, die sie bekämpfen und die herauszuarbeiten in den Talkshows, in den
Medien. Das ist unsere Aufgabe, nur wir haben das Problem, dass die meisten Menschen nicht wissen,
wie sie sowas machen sollen. Ihnen fehlt das Wissen dazu. Ja, das nehme ich auch wahr. Ich sitze ja
dann mittendrin und auch noch in so einer rechten Hochburg, wie es so beschrieben ist und diese
starke Polarisierung. Also entweder oder, also wenn du nicht für mich bist, dann bist du dagegen. Wenn
du nicht für Demokratie bist, bist du Nazi. Wenn du nicht diese Regierung gut findest, dann bist du
gegen und was weiß ich. Also all das, also irgendwas, entweder oder Geschichten, da klingeln
bei mir auch Alarmglocken auf der anderen Seite. Selbst die sagen, AfD ist eine Riesengefahr und wir
können da nicht mitmachen, da müssen wir doch endlich mal was, da muss doch einer aufstehen und
was tun oder wir müssen doch was tun. Dann ist es ja auch wieder ein Dagegen und da müssen wir
Aufmarsch machen und das ist ja wieder ein Kampf dagegen. Ihr habt ja damals vor der Nazi-Zeit ja
alle nur zugeguckt. Ja, das darf sich nicht wiederholen, wir müssen jetzt aufstehen und
was tun. Aber ich bin vom Herzen raus, denke ich mir, auf der einen Seite kann ich es nachvollziehen,
auf der anderen Seite sage ich, das kann nicht der richtige Weg sein, dass Menschen gegen Menschen
kämpfen, egal in welcher Form. Und wer fällt dahinter runter? Und diesen Austauschenden,
Raum zu geben, das was es jetzt braucht, um diesen Schneeball aufzuholen. Hast du da konkrete
Ideen, wie das gelingt? Ja, also wenn wir uns die Formlines anschauen, wie wir hier von A nach B
kommen, ist einer der ersten Schritte, wir kommen von diesem komplexen Driften, von dem ich gesprochen
habe, nicht direkt zurück zum ko-kreativen System der Demokratie. Wir haben aber im Hintergrund die
Demokratie noch am Laufen. Noch sind wir nicht da, dass wir komplett in die Polarisierung gekippt
sind, dann hätten wir Bürgerkrieg. Ja, sondern wir haben noch unser ko-kreatives System und da
sind auch Merkmale, die uns zeigen, dass das der Fall ist. Was hier passieren muss entlang der
Formline ist, im ersten Schritt müssen Silos bauen, in denen verständigungsorientiert gearbeitet
wird. Das kann zum Beispiel motiviert sein durch mehr basisdemokratisches Arbeiten, das kann
motiviert werden durch Talkshows, in denen die Rhetorik stark reflektiert wird, sodass Menschen
mitbekommen können, wann sie manipuliert werden sollen. Dass auf der einen Seite die Anliegen
gehört und zusammengeführt werden, diese Gruppe meint dieses, jene Gruppe meint jenes, dort gibt
es Überschneidungen in dem Bereich, seht ihr wohl, da gibt es Verständigungsmöglichkeiten, also sowas
zu zeigen. Gleichzeitig bin ich nicht der Ansicht, dass wir hier an dieser Stelle nicht weiter kämpfen
sollten gegen AfD und andere faschistoide Kräfte. Also ich sage jetzt bewusst faschistoid im Sinne
von tendenziell kann das in Richtung Faschismus tatsächlich kippen und das passt auch zu den
Resultaten, die wir hier sehen aus der Kooperationsforschung, die Idee, du musst
hingehen und den bad boys in der Demokratie, also denen, die versuchen die good boys oder good
girls auszubeuten, denen musst du Strategien entgegensetzen, die sehr klar machen bis hierhin
und nicht weiter. Dazu gehört meiner Ansicht nach in den Talkshows und in den Politforen überall
auf die Meta-Ebene zu gehen und von dort aus Menschen zu ermöglichen zu erkennen, wo sie
manipuliert werden. Das wird nicht leicht werden, denn in Bildungssystemen, die das nicht vorbereitet
und wo Menschen Angst davor haben, als Unwissende schlecht dazustehen, was eigentlich absurd ist,
denn in Komplexität sind wir alle immer Unwissende, auch wir wissen nicht nur, wir wissen eben auch eine
ganze Menge nicht und bringen auch...